Zitat geschrieben von hbciuser
Auf dem CCC 2019 (36th Chaos Communication Congress) wurde von Henryk Plötz festgestellt, dass HBCI / FinTS mittlerweile quasi tot sei und sich die Banken davon verabschieden würden (weil es jetzt ja PSD2 gibt und zukünftig alles nur noch in der Cloud gemacht werden soll - zumindest wird von ihm die Weiterentwicklung in Frage gestellt).
Ist da tatsächlich was dran oder ist das nur seine Meinung / Einschätzung (bei Minute 48:26 gibt es hierzu eine dedizierte Nachfrage)? Wenn dem so wäre, hätte man das doch im Rahmen der Einführung von PSD2 schon machen können, um sich die sicherlich nicht unerheblichen Anpassungsaufwände zu sparen? Oder führt man HBCI nur temporär weiter, bis der PSD2-Mist halbwegs funktioniert (aus Bankensicht)?
Oder habe ich da was grundsätzlich falsch verstanden?
Nicht Du hast etwas grundsätzlich falsch verstanden, sondern eher Henryk Plötz.
Mich würde ja interessieren, auf welcher Grundlage er festgestellt haben will, dass HBCI/FinTS quasi tot sei und die Banken sich davon verabschieden würden.
Vieleicht erst Mal rein regulatorisch den grundsätzlichen Unterschied zwischen PSD2 Schnittstelle und FinTS.
FinTS ist wie das Webbanking und die proprietären Schnittstellen für die bankeigenen Apps eine direkte Kundenschnittstelle, über die nur der Kunde direkt zugreifen darf.
Die PSD2 Schnittstelle ist eine dedizierte Schnittstelle für die Server2Server Kommunikation für Drittanbieter.
Den Dritten ist der Zugriff über die direkten Kundenschnittstellen regulatorisch untersagt, wenn die Bank ihnen eine dedizierte Schnittstelle anbietet. Die Dritten „kämpfen darum, dass die Schnittstelle mehr als die regulatorisch vorgegebenen Funktionen erhält und, dass diese mindestens die gleiche Verfügbarkeit und Perfomance stellt, wie die direkten Schnittstellen.
Wenn jetzt die ganzen Kundenprodukte auch auf die Schnittstelle kommen würden, wäre es keine dedizierte Schnittstelle für den Dritten mehr……..
Dann ist das Bild, was die Meisten von FinTS haben völlig überholt. Die meisten haben noch das HBCI HomeBankingComputerInterface im Kopf. Sprich eine direkte Schnittstelle für den Privatkunden. Das ist schon lange nicht mehr so.
Die ganze Ausrichtung der Geschäftsvorfälle und der damit zum Teil verbundenen Prozesse, geht ganz klar in die Richtung Firmenkunde. Nicht die großen Firmenkunden mit dem Massenzahlungsverkehr, sondern die vielen kleinen und mittleren Firmenkunden, für die EBICS und die dort abgebildeten Prozesse eine Nummer zu groß ist.
Wenn Banken aussteigen oder das Interesse verlagern, dann sind das bisher immer Banken gewesen, deren Fokus auf dem Privatkunden liegt. Und die will man in der Tat eher im Web oder den eigenen Apps haben.
Die PSD2 Schnittstelle selber zielt (auch regulatorisch) derzeit auch ganz deutlich auf die Privatkunden. Hier gibt es tatsächlich eine Konkurenzsituation basierend auf multibankenfähige Portale.
Wer also FinTS abschaltet ohne eine echte Alternative zu haben, trifft vornehmlich einen Teil seiner Firmenkunden und da ist der Umgang deutlich sensibler, als es z.B. bei der ING mit den Privatkunden war.
Was bedeutet das:
Für FinTS gibt es derzeit „nur“ EBICS als echte Alternative. EBICS ist von den Strukturen, Abläufen, zum Teil auch den Kosten, dem Funktionsumfang, der Aktualität der Daten aber für viele nicht geeignet. Mangels Alternative, wird FinTS sicherlich noch deutlich länger leben, als viele glauben und sich einige Wünschen. Ansonsten gilt das, was msa schon geschrieben hat:
Ob FinTS oder EBICS oder sonst eine API etwas ist letztendlich völlig egal. Solange es einen relevanten Bedarf an einer direkten Kundenschnittstelle für das entsprechende Kundensegment gibt, wird es auch eine geben. Und niemand wird FinTS aufgeben, ohne eine entsprechende Alternative zu haben.